Gentherapie bei Parkinson-Krankheit erfolgreich

Die Injektion gentechnisch veränderter Viren in das Gehirn von Parkinsonkranken hat zu einer deutlichen Besserung des Leidens geführt, berichteten Wissenschaftler auf der Jahrestagung der US-amerikanischen Gesellschaft für Neurowissenschaften (Society for Neuroscience) in Atlanta.

Auf einer Skala, die den Schweregrad der Bewegungsstörungen misst, verbesserten sich alle zwölf freiwilligen Teilnehmer der Studie binnen eines Jahres nach dem Eingriff um mindestens 25 Prozent. Bei vier Probanden besserten sich die Bewegungsstörungen um mindestens 37 Prozent und bei fünf der Patienten sogar zwischen 40 und 65 Prozent. Entsprechend sei auch die Lebensqualität aller Studienteilnehmer gestiegen, sagte Matthew During, Studienleiter und Mitbegründer der Firma Neurologix, die die Studie finanziert hat.

Der Eingriff, bei dem ein haarfeiner Katheter tief in das Gehirn eingeführt wird, habe zu keinerlei Nebenwirkungen geführt und alle Patienten seien binnen zwei Tagen nach der Operation aus dem Krankenhaus entlassen worden, so During. Die Versuchsteilnehmer, deren Leiden zuvor als „mittelschwer“ eingestuft worden war, waren alle seit mindestens fünf Jahren von der Parkinson-Krankheit betroffen gewesen. Das Standardmedikament L-Dopa war bei ihnen kaum noch wirksam gewesen oder es hatte zunehmend Nebenwirkungen hervorgerufen, als die Kranken einwilligten, an dem Experiment teilzunehmen.

Dem Gentherapie-Experiment mit Parkinsonkranken, über das jetzt in Atlanta berichtet wurde, waren mehrjährige Versuche mit Ratten und Rhesusaffen vorangegangen. Gegen Ende des Jahres 2003 hatte es Michael Kaplitt vom Weill Cornell Medical College in New York dann gewagt, etwa 3,5 Milliarden gentechnisch veränderte Viren in das Gehirn des ersten Patienten zu spritzen.

Die von Kaplitt genutzten, so genannten Adeno-assoziierten Viren (AAV) waren speziell für diese Aufgabe konstruiert worden. Sie tragen in ihrem Inneren die Erbinformation für ein Enzym, das an der Produktion des Botenstoffes GABA beteiligt ist. GABA wiederum wirkt wie ein Bremssignal auf Nervenzellen. AAV gelten als sicher, weil sie keine Krankheiten hervorrufen können. Sie werden deshalb zurzeit auch als Gentherapie-Vehikel für andere Hirnerkrankungen erprobt.

Als Injektionsort wählten die Forscher den so genannten Nucleus subthalamicus, eine Ansammlung von Nervenzellenkernen tief im Inneren des Gehirns, die Bewegungsimpulse hemmt und deren Beschädigung das Zittern und die plötzlich einsetzende Steifheit bei der Parkinson-Krankheit auslöst. Ziel der Virusinjektion war es, an dieser kritischen Schaltstelle mehr des beruhigenden Botenstoffes GABA zu produzieren und damit die Überaktivität der Nervenzellen zu hemmen. Dies ist offenbar gelungen, wie Aufnahmen belegen, die den Stoffwechsel im Gehirn der Patienten sichtbar machen.

Um die Wirksamkeit der Methode beurteilen zu können, waren die Viren jeweils nur auf einer Seite des Gehirns injiziert worden. Auf dieser Seite nahm die Überaktivität der Nervenzellen deutlich ab, während die unbehandelte Seite sich weiter verschlechterte. „Vor der Operation war ich ein zitternder Haufen Fleisch”, sagte der 58-jährige Nathan Klein, der als erster behandelt wurde, gegenüber dem Nachrichtendienst WebMD. „Jetzt fühle ich mich 80 bis 90 Prozent besser und ein Fremder würde nicht einmal merken, dass ich Parkinson habe.“

Allerdings warnte Studienleiter During vor verfrühtem Jubel. Frühere Experimente haben nämlich gezeigt, dass bereits die Erwartungshaltung der Patienten zu einer Linderung des Leidens führen kann. Um ganz sicher zu sein, dass die gemessene Verbesserung der Bewegungsfähigkeit nicht auf solch einem „Placeboeffekt“ beruht, wolle man eine größere Studie durchführen, bei der einige der Patienten zwar operiert werden, aber zum Vergleich keine gentechnisch veränderten Viren erhalten.

Sollten die in Atlanta vorgetragenen Ergebnisse sich in weiteren Studien bestätigen, wäre die Gentherapie ähnlich wirksam wie die Tiefe Hhirnstimulation. Bei dieser relativ neuen Methode für Patienten im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung werden haarfeine Elektroden zumeist in einem tief gelegenen Nervenknoten namens Nucleus subthalamicus (STN) implantiert. Eine Art „Hirnschrittmacher“ unter dem Schlüsselbein erzeugt dann winzige Stromstöße, um die überaktiven Nervenzellen zu dämpfen. Erst vor wenigen Wochen hatten Wissenschaftler um Professor Günther Deuschl von der Neurologischen Klinik der Universität Kiel dazu eine Studie im renommierten „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Während eine Vergleichgruppe unbehandelter Patienten sich während eines halben Jahres leicht verschlechtert hatte, waren die Bewegungsstörungen der Patienten mit dem Hirnschrittmacher um durchschnittlich 40 Prozent verringert und ihre Lebensqualität war um 20 Prozent gestiegen. Dieser Fortschritt wurde jedoch mit relativ schweren Nebenwirkungen bei jedem achten Patienten erkauft und ein Patient war nach der Operation an einer Hirnblutung verstorben.

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