Ganz schön gruselig wirkt auf den ersten Blick eine Reihe von Experimenten, über die der Neuroforscher Professor Nenad Sestan von der Yale School of Medicine und seine Kollegen in der Fachzeitschrift Nature berichten: Von Dutzenden abgetrennten Schweineköpfen ist da die Rede, die noch vor Ort in der Schlachterei präpariert und später im Labor an eine hochkomplizierte Maschine („BrainEx“) angeschlossen wurden. Zweck der Übung war es, die Gehirne der Tiere möglichst lange funktionsfähig zu halten – und dies ist den Forschern auf spektakuläre Weise gelungen.
Jeweils etwa vier Stunden vergingen vom Zeitpunkt der Schlachtung bis ein Team von Neurochirurgen die Gehirne über die Karotisarterien an BrainEx angeschlossen hatte. Diese Maschine, bestehend aus mehreren Pumpen und Sensoren, einem Filtersystem für Blutschadstoffe, einem Pulsgenerator und einer Temperatursteuerung, übernahm dann für bis zu sechs Stunden die Aufgabe des nicht mehr existenten Schweinekörpers. An dessen Stelle durchspülte die Maschine das Schweinehirn mit einer speziellen Nährflüssigkeit, die ebenfalls für diese Versuche entwickelt worden war.
Wohl niemals zuvor ist es gelungen, ein derart großes Gehirn über so lange Zeit so gut zu konservieren: Beispielsweise konnten die Forscher zeigen, dass der Sauerstofftransporter Hämoglobin alle Blutgefäße in den abgetrennten Hirnen erreichte. Die Gefäßwände waren außerdem noch in der Lage, sich zusammenzuziehen. Als man nämlich das Medikament Nimodipin ins System spritzte, erhöhte sich der Blutfluss, so wie es auch bei einem gesunden und intakten Gehirn geschieht. Unter dem Mikroskop waren die typischen Strukturen der Nervenzellen und ihre Bestandteile klar zu erkennen, und im Gegensatz zu nicht präparierten Hirnen gab es keine größeren krankhaften Veränderungen. Sogar die Funktionen einzelner Nervenzellen waren intakt, und der Austausch elektrischer Signale funktionierte noch über viele Stunden hinweg. Höhere Hirnaktivitäten, die als Hinweis auf ein Bewusstsein in den isolierten Hirnen dienen könnten, gab es keine. Allerdings ist auch nicht klar, ob die Forscher überhaupt nach solchen Zeichen gesucht haben.
Kaum verwunderlich ist, dass kritische Geister gleich in zwei begleitenden Artikeln nach dem Sinn und der Moral dieser Experimente fragten. Klar ist aber auch, dass es den Wissenschaftlern nicht darum ging, abgetrennte Köpfe „unsterblich“ zu machen oder gar Tote ins Leben zurück zu holen. Vielmehr erlaubt ihre Methode zunächst einmal Untersuchungen, die mit herkömmlichen Arten der Präparation nicht möglich sind. Neben einem neuen Blick auf das Gehirn könnte die „Hirnmaschine“ zudem langfristig dabei helfen, neue Therapien gegen die Schäden zu entwickeln, im Gehirn nach längerem Sauerstoffmangel entstehen – etwa nach einem Herzinfarkt oder bei Ertrunkenen.
Verselja Z et al.: Restauration of brain circulation and cellular functions hours post-mortem. Nature. 18. April 2019 (online). doi: 10.1038/s41586-019-1099-1.