Die folgende Pressemitteilung stammt vom Deutschen Schmerzkongress und wurde hier aufgenommen, weil sie wichtige Hintergrundinformationen liefert zur Entstehung von Cluster-Kopfschmerzen:
Der besonders qualvolle Cluster-Kopfschmerz geht auf eine fehlerhafte Regulation biologischer Rhythmen zurück. Das zeigen Untersuchungen eines deutsch-britischen Teams um Dr. Arne May von der Universität Regensburg mit einem kurz PET genannten Verfahren: Während der Attacken sind bestimmte Strukturen im Hypothalamus dem Sitz der „inneren Uhr“ tief im Gehirn der betroffenen Patienten besonders aktiv.
Als Ursache des Cluster-Kopfschmerzes galten bis vor kurzem Entzündungen an erweiterten Blutgefäßen im Gehirn. Doch dessen typisches gehäuftes Auftreten englisch Cluster zu bestimmten Zeiten nährte einen anderen Verdacht: Hinter der zyklischen Pein könnte eine Störung der „inneren Uhr“ stecken. Mit einer Serie raffinierter Untersuchungen an Patienten und gesunden Freiwilligen gelang es kürzlich Dr. Arne May von der Neurologischen Klinik der Universität Regensburg zusammen mit Kollegen vom University Department of Clinical Neurology in London, diese Vermutung zu erhärten. Die Schmerzforscher konnten mit Hilfe der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) belegen, dass bei Cluster-Patienten während einer Attacke bestimmte Strukturen im Hypothalamus besonders aktiv sind. Diese Gehirnregion gilt als Sitz der „inneren Uhr“, die unter anderem den Schlaf-Wach-Rhythmus und andere so genannte zirkadiane Rhythmen steuert. PET, ein bildgebendes Verfahren, macht Stoffwechselvorgänge im Gehirn wacher Patienten sichtbar.
Wenn die „innere Uhr“ nicht richtig tickt
Wie die Forschergruppe heraus fand, sind die verdächtigen Hypothalamus-Strukturen sowohl bei spontanen Kopfschmerz-Attacken aktiv als auch bei Anfällen, welche die Wissenschaftler durch eine Nitroglycerin-Behandlung bei Cluster-Patienten künstlich auslösten, die sich gerade in einer aktiven Phase befanden. Außerhalb dieser aktiven Phase konnte die Nitroglycerin-Behandlung dagegen keine Attacke auslösen: Der „Cluster-Motor“ im Hypothalamus blieb inaktiv ebenso wie bei gesunden Freiwilligen, bei denen das Team einen experimentellen Kopfschmerz auslöste.
Bei weiteren Untersuchungen mit der so genannten Magnet-Resonanz-Angiographie fand May heraus, dass erweiterte Blutgefäße im Gehirn offensichtlich eine unspezifische Begleiterscheinung von Kopfschmerzen sind: Sowohl bei Patienten mit Cluster-Attacken als auch bei gesunden Personen mit experimentellen Kopfschmerzen erweiterten sich die Hirnarterien. Derartige Gefäßveränderungen treten auch bei einer Migräne auf. „Deshalb gehen wir davon aus“, erklärt May, „dass der Cluster-Kopfschmerz ursächlich durch eine Fehlfunktion der ,inneren Uhr“ im Gehirn verursacht wird und die Gefäßveränderungen nur eine Folge dieser Störung sind.“
Der Cluster-Kopfschmerz trifft zwar höchstens vier von 10.000 Menschen, gehört jedoch zu den schlimmsten Schmerzen, unter denen Menschen leiden können. „In der Attackenphase können die Patienten keine Nacht durchschlafen“, so May. Unter ihm leiden Männer häufiger als Frauen. Für die Betroffenen scheint er hinter einem Auge zu sitzen, zudem treten weiterere Symptomen in der betroffenen Gesichtshälfte auf. Wie sein Name sagt, tritt er meist zeitlich gehäuft auf, vor allem im Frühjahr und Herbst. Mehrwöchige aktive Phasen mit bis zu acht Attacken pro Tag, die jeweils eine halbe bis zwei Stunden dauern, wechseln sich mit schmerzfreien Phasen ab. Zwar lässt sich Cluster-Kopfschmerz vergleichsweise einfach diagnostizieren.
Weil er jedoch selten auftrittt, dauert es oft viele Jahre bis ein Arzt meist ein Kopfschmerz-Spezialist die korrekte Diagnose stellt und eine wirksame Behandlung einleitet. Herkömmliche Schmerzmittel helfen bei Cluster-Schmerz nicht, da ihre Wirkung zu langsam eintritt. Mittel der ersten Wahl ist das Migräne-Medikament Sumatriptan, weil der Patient es sich mit einem Autoinjektor selbst unter die Haut spritzen kann. Etwa 70 Prozent der Patienten profitieren davon, wenn sie reinen Sauerstoff über eine Maske einatmen. Bei länger andauernden Cluster-Phasen setzen Kopfschmerz-Experten auch bestimmte Medikamente zur Vorbeugung ein.
Untersuchungen mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) belegen darüber hinaus, dass auch bei einem Migräneanfall bestimmte Regionen im Hirnstamm und im Mittelhirn besonders aktiv sind, der sogenannte „Migränegenerator“. Die Aktivität dieser Region, so die Theorie, aktiviert bestimmte Äste des Trigeminus-Nervs, die dann ihrerseits an Blutgefäßen der Hirnhaut und am Nervengewebe eine schmerzhafte Entzündung verursachen. Dabei werden verschiedene Hirnbotenstoffe (Neurotransmitter) und Entzündungs-Botenstoffe freigesetzt. Diese Zusammenhänge können erklären, warum Schmerzmittel mit entzündungshemmenden Eigenschaften oder die neue Gruppe der Triptane, die in den Stoffwechsel von Neurotransmittern eingreift, einen Anfall lindern können.