Neuentwickelte Medikamente zur Therapie der chronischen schizophrenen Minussymptomatik haben bisher nur zu „sehr bescheidenen“ Erfolgen geführt, wenn auch diese Präparate weniger unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen. Dies sagte Professor Hans-Jürgen Möller anläßlich des Symposiums „Fortschritte in der Diagnostik und Therapie schizophrener Minussymptomatik“ an der Psychiatrischen Klinik Bonn.
Dieser Symptombereich der Schizophrenie, der unter anderem mit Effektverarmung, verminderter Belastbarkeit und sozialem Rückzug einhergeht, hat auch heute noch eine besonders schlechte Prognose, berichtete der Klinikdirektor. Jeder zweite Patient tendiere zu einem ungünstigen bis schlechten Verlauf.
Schwierig ist schon die Diagnose, vor allem wenn die Betroffenen noch keine akute Krankheitsphase durchgemacht haben. Da sich Schizophrene im Gegensatz zu Depressiven selten als krank einstufen, sind es meistens die Angehörigen, welche bei schweren Fällen auf die Minussymptomatik aufmerksam machen. Mit der kürzlich erfolgten Einrichtung einer Angehörigengruppe verfolgt man an der Bonner Klinik auch das Ziel, eine bessere Compliance zu erreichen.
Angesichts der Tatsache, daß von einem einprozentigen Lebenszeitrisiko zur Entwicklung einer Schizophrenie ausgegangen werden muß, stellt die Minussymptomatik auch ein gewaltiges sozioökonomisches Problem dar. Die Bettlägerigkeit der Patienten geht in den meisten Fällen mit Arbeitslosigkeit einher, sagte Gerd Laux, Oberarzt an der Psychiatrischen Klinik Bonn. „Selbst kleine Fortschritte in der Therapie können bedeuten, daß die Betroffenen im Kreise ihrer Familie leben können und nicht hospitalisiert werden müssen“, begründete Laux die Forderung nach mehr Personal und verhaltenstherapeutischen Programmen.
(erschienen in der Ärzte-Zeitung am 14. September 1993)