Oregano soll Depressionen verhindern

Vielleicht ist ja doch nicht alles Aberglaube, was aus dem Mittelalter stammt:  Oregano wurde einstmals vermeintlichen Hexen unter die Nase gehalten, um den Teufel zu vertreiben. Zum Schutz vor bösen Mächten legte man es in den Brautschuh und seinen Beinamen „Wohlgemut“ erhielt das Kraut, weil es angeblich Kummer vertreiben und die Menschen fröhlich machen sollte. Viel wissenschaftlicher klingt dagegen, was Mitarbeiter der Schweizer Firma DSM Nutritional Products heraus gefunden haben: „Unsere Daten zeigen, dass Oreganoextrakt ein hirnaktiver moderater Serotonin-Wiederaufnahmehemmer ist mit antidepressiven und angstlösenden Eigenschaften“,  berichteten Hasan Mohajeri und seine Mitarbeiter in Chicago auf dem weltweit größten Treffen von Hirnforschern, der Jahrestagung der Society for Neuroscience. Zurück übersetzt ins Deutsche bedeutet dies: Oregano könnte gegen Depressionen wirksam sein.

Gegen Depressionen ist ein Kraut gewachsen: Organo (Foto: Thomas Then, Wikipedia GNU FDL

Gegen Depressionen scheint ein Kraut zu wachsen: Oregano (Foto: Thomas Then, Wikipedia GNU FDL

Mit einem so genannten Mikrodialyse-Experiment hatte Mohajeri bei Ratten direkt beobachten können, wie der Oreganoextrakt im Gehirn der Tiere die Menge des „Wohlfühl-Botenstoffes“ Serotonin vermehrte. In einem weiteren Tierversuch hätten sich Mäuse nach Aufnahme des Extraktes  weniger depressiv verhalten als Artgenossen, die kein Organo gefressen hatten. Zwar räumt Mohajeri ein, dass Depressionen Mäusen nur schwer anzusehen sind. Der Verhaltenstest sei aber allgemein akzeptiert und werde häufig genutzt um die Stärke von antidepressiven und angstösenden Wirkstoffen zu messen, sagt der Wissenschaftler, der vor dem Wechsel in die Industrie am Zentrum für Medizinische Forschung der Universität Zürich gegen die Alzheimer-Krankheit geforscht hat.

Nach Schätzungen des US-amerikanischen Institut für Geistige Gesundheit (National Institute of Mental Health) leiden jährlich 10 bis 15 Prozent aller Erwachsenen unter Depressionen. Experten der Weltgesundheitsorganisation erwarten, dass die Krankheit häufiger wird und dass im Jahr 2020 ein Viertel der Bevölkerung betroffen sein wird. Zwar gibt es Dutzende wirksame Arzneimittel gegen Depressionen und Angststörungen, „die meisten können aber schwerwiegende Nebenwirkungen haben und bei etwa einem Viertel der Patienten helfen diese Mittel nicht“, sagt Mohajeri.

Bei seinem neuen Arbeitgeber DSM, dem weltweit führender Lieferanten von Vitaminen für die Lebensmittelindustrie, suchte der gebürtige Iraner deshalb nach Natursubstanzen mit antidepressiver Wirkung und insbesondere nach Stoffen, die in der Nahrung vorkommen. Es sei allgemein akzeptiert, dass unsere Nahrung sowohl die körperliche wie auch die geistige Gesundheit beeinflusst, erinnerte Mohajeri. Für besonders empfindliche Menschen die beispielsweise erblich vorbelastet sind oder mit schwierigen Lebensumständen zu kämpfen haben, könne die richtige Ernährung den Unterschied ausmachen zwischen einem befriedigenden Dasein und einem Leben voller Stimmungsschwankungen, versicherte der Industrieforscher: „Wenn der Körper die Nahrung erhält, die er braucht, funktioniert das Gehirn besser.“

Wie auch die meisten geistigen Erkrankungen werden Stimmungsschwankungen durch ein Ungleichgewicht zwischen bestimmten Botenstoffen des Gehirns verursacht. Bei Angststörungen und Depressionen sind die Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und Dopamin beteiligt. Die Forscher überprüften deshalb eine riesige Sammlung von Pflanzenextrakten – eine Stoffbibliothek – und ermittelten daraus jene Kandidaten, die den Stoffwechsel der drei Neurotransmitter beeinflussten. Dabei zeigte sich, dass ein spezieller Extrakt aus Oregano den Abbau der Botenstoffe im Gehirn verlangsamte. Zwei Inhaltsstoffe des Extraktes waren für dessen biologische Aktivität hauptsächlich verantwortlich: Carvacrol und Thymoquinon, von denen man auch weiß, dass sie als Antibiotika gegen Bakterien wirken.

Zwar ist der Oregano-Extrakt nur ein Tausendstel so stark wie eines der meistgenutzten Antidepressiva, Fluoxetin. Dennoch zeigte es bei Ratten den gewünschten Effekt und ist mittlerweile auch an gesunden Freiwilligen getestet worden, wo es keine Nebenwirkungen gegeben hat. Laut Mohajeri soll der Oreganoextrakt jedoch nicht den etablierten Antidepressiva Konkurrenz machen. Geplant sei vielmehr, es als Nahrungsergänzungsmittel anzubieten oder zusammen mit Vitaminen und Mineralien in Pillenform zu pressen, die dann etwa zur Stresslinderung angepriesen werden sollen oder zur Vorbeugung gegen Depressionen. Bei den menscchlichen Versuchspersonen sei hier eine günstige Wirkung beobachtet worden.

Die ursprünglich im Mittelmeerraum beheimatete Pflanze Oregano ist fester Bestandteil der mediterranen Küche. Als Gewürzmittel wird das Kraut mit dem herben Aroma seit mindestens 300 Jahren geschätzt und ohne die grünen Blättchen wäre heute keine Pizza komplett. Laut Hippokrates, dem berühmtesten Arzt des Altertums, soll Oregano übrigens auch Geburten beschleunigen und Hämorrhoiden heilen. Dies habe man aber noch nicht getestet, erklärte in Chicago Hasan Mohajeri auf unsere Nachfrage.

Quelle:

  • Mohajeri M et al. Monoamine reuptake inhibition and improvement of mood by a specified oregano extract. Abstract 97.6 des 2009 Neuroscience Meeting Planner. Chicago, IL: Society for Neuroscience, 2009. Online.

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