Handystrahlung „schützt Mäuse vor Alzheimer“

Käme die Nachricht nicht aus dem Labor eines angesehenen Forschers, wäre ein Stirnrunzeln sicher angebracht. Doch Gary Arendash von der Universität Südflorida in Tampa hat sich intensiv mit vielen Aspekten der Alzheimer-Krankheit befasst. Auf bald 90 wissenschaftliche Veröffentlichungen in mehr als 30 Jahren kann der Professor am Alzheimer´s Disease Research Center verweisen – der Mann ist also kein Bluffer und auch keine Eintagsfliege. Wie alle seiner Studien hat Arendash auch die jüngste Forschungsarbeit nicht mit menschlichen Patienten durchgeführt, sondern „nur“ mit Labormäusen. Die meisten davon waren allerdings genetisch veränderte Tiere, die als Modell für die Alzheimer-Erkrankung beim Menschen dienen.

Überraschter Forscher: Gary Arendash (Foto und (c) University of South Florida)

„Überrascht haben wir festgestellt, dass Handystrahlung ab dem frühen Erwachsenenalter das Gedächtnis dieser Mäuse geschützt hat, die ansonsten die Symptome der Alzheimer-Erkrankung bekommen hätten“, fasst Arendash das Ergebnis zusammen. „Noch überraschender war es, dass die von den Handys ausgesandten elektromagnetischen Wellen auch bei bereits erkrankten, alten Mäusen Gedächtnisstörungen rückgängig machen konnten.“

Natürlich telefonierten die Mäuse nicht wirklich. Vielmehr platzierten die Forscher inmitten der Käfige eine Antenne und stellten deren Strahlungsstärke so ein, dass die Gehirne der Mäuse ähnlich viel Energie ab bekamen, wie das Gehirn eines Menschen, der ein Mobiltelefon benutzt. Sieben bis neun Monate lang wurde die Mäuse dann an jedem Tag zwei Mal für jeweils eine Stunde bestrahlt. Bei Mäusen, die genetisch darauf programmiert waren, im Alter Gedächtnisstörungen zu bekommen, konnten die Forscher diese Entwicklung mit der Bestrahlung verhindern. Bei verschiedenen Tests zeigten diese Tiere ähnlich gute Denkleistungen wie eine Gruppe genetisch unveränderter Mäuse, die den Forschern als Vergleich dienten. Bestrahlte man normale Mäuse mehrere Monate lang, so schnitten sie in Gedächtnistests sogar besser ab als normale, unbestrahlte Mäuse. Und bei alten „Alzheimer-Mäusen“, deren Gedächtnis bereits Schaden erlitten hatte, verschwanden die Probleme durch die Strahlung wieder.

Eine Sendeantenne inmitten von Mäusekäfigen (Foto und (c) University of South Florida)

Um heraus zu finden, was die Handystrahlung im Kopf der Tiere bewirkte, opferten die Wissenschaftler die Labormäuse nach den Tests und fertigten Hirnschnitte an, die sie unter dem Mikroskop betrachteten. Dabei zeigten unbestrahlte, alte Kontrolltiere wie erwartet jene charakteristischen Ablagerungen im Gehirn, die auch bei menschlichen Alzheimer-Patienten zu finden sind. Bei den bestrahlten Tieren dagegen waren diese Ablagerungen weitgehend verschwunden.

Aus diesen „viel versprechenden und unerwarteten“ Ergebnissen schließen Arendash und dessen Kollegen nun, dass „die Anwendung elektromagnetische Felder eine effektive Möglichkeit sein könnte, um die Alzheimer-Krankheit beim Menschen ohne medizinische Engriffe und ohne Medikamente zu verhindern und zu behandeln.“ Man erprobe derzeit elektromagnetische Felder mit unterschiedlichen Stärken und Frequenzen um herauszufinden, ob die Denkleistung sich damit noch stärker und schneller verbessern ließe. „Wenn wir die besten Einstellungen herausfinden, um die Ablagerungen im Gehirn zu verhindern oder zu entfernen, ließe sich diese Technik schnell auf Alzheimer-Patienten übertragen“, sagte Chuanhai Cao, der neben Arendash maßgeblich an der Untersuchung beteiligt war.

Dass die Hirntemperatur bei den Alzheimer-Mäuse nach mehrmonatiger Behandlung in den Bestrahlungszeiten leicht erhöht war, scheint die Wissenschaftler nicht zu beunruhigen. Im Gegenteil spekulieren sie, dass diese Temperaturerhöhung eher nützlich gewesen sei, um neue Ablagerungen – so genannte amyloide Plaques – zu verhindern. Die durch Handy-Strahlung verbesserte Denkleistung gesunder Tiere führten sie auf eine gesteigerte Hirnaktivität zurück, ausgelöst durch einen besseren Blutfluss und höheren Energieverbrauch. „Unsere Studie erbringt Beweise dafür, dass der langfristige Gebrauch von Handys dem Gehirn nicht schadet“, sagte Cao. „Im Gegenteil könnten die von Mobiltelefonen abgestrahlten elektromagnetischen Wellen sogar das normale Gedächntis verbessern und eine wirksame Therapie gegen Gedächtnisstörungen sein“, behauptete der Wissenschaftler.

Mit der neuen Studie dürfte Arendash binnen eines halben Jahres bereits zum zweiten Mal für Schlagzeilen sorgen. Erst im vergangenen Juli hatte der Forscher seine Kollegen mit der Nachricht überrascht, dass Koffein womöglich vor Alzheimer schützt (Bericht dazu). Obwohl auch diese Studie nur an Labormäusen durchgeführt wurde, outete Arendash sich kurz darauf gegenüber Journalisten als fleißiger Kaffeetrinker, der nach seiner Entdeckung die tägliche Dosis auf nunmehr fünf Tassen des schwarzen Gebräus erhöht habe. Ob Arendash im Lichte seiner neuen Studie jetzt auch zwei Mal täglich eine Stunde mit dem Handy telefoniert, hat er nicht verraten. Den immer wieder geäußerten Verdacht, dies könne das Risiko für Hirntumoren erhöhen, hält Arendash jedenfalls für unbegründet. Sowohl die Weltgesundheitsorganisation, als auch die US-amerikanische Krebsgesellschaft und die Nationalen Gesundheitsinstitute der USA (NIH) sind nämlich zu dem Schluss gekommen, dass es bisher keine wissenschaftlichen Beweise für Gesundheitsschäden durch den Gebrauch von Handys gibt, betont er. Auch bei seinen Versuchsmäusen habe sein Team nach mehreren Monaten keinerlei Hinweise auf abnormales Wachstum im Gehirn oder in anderen Organen beobachtet.

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