Alte sind weniger einsam

Hoffnung für unsere Zukunft macht das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin: Glaubt man den Ergebnissen einer Befragung von mehr als 1.600 älteren und 600 jüngeren Menschen, so sind über 75-jährige heute weniger einsam und oft auch geistig leistungsfähiger als noch vor 20 Jahren.

Alte Menschen sind heute weniger einsam als noch vor 20 Jahren, so das Ergebnis einer Max-Planck-Studie (Foto: Michael Simm)

Rentner in Gerona, 1983. Alte Menschen sind heute weniger einsam und geistig leistungsfähiger als noch vor 20 Jahren, so das Ergebnis einer Max-Planck-Studie (Foto: Michael Simm)

Zu entnehmen ist dies einer Pressemitteilung des Instituts, im Original wurden die Ergebnisse publiziert in einem Sonderheft der Fachzeitschrift Gerontoloy. Weil die Max-Planck-Gesellschaft für Qualität steht und die Pressemitteilung gut geschrieben ist, präsentieren wir sie hier im Wesentlichen unverändert und nur leicht gekürzt:

Wie altern wir heute und wie gelingt es vielen Menschen, auch im Alter fit und gesund zu bleiben? Diese Fragen erforscht seit 2009 die Berliner Altersstudie II (BASE-II). Beteiligt  an dem Projekt sind Psychologen, Mediziner, Ernährungs- und Sozialwissenschaftler sowie Genetiker…

Heutige 75-Jährige fühlen sich im Durchschnitt weniger einsam und schätzen ihr Leben weniger fremdbestimmt ein als 75-Jährige vor 20 Jahren. Wer sozial aktiv ist, ist zufriedener mit seinem Leben und geistig leistungsfähiger. Dabei spielt auch die Wohnsituation eine Rolle: Analysen zeigen, dass die soziale Unterstützung in der Nachbarschaft, aber auch der Zugang zu Bussen und Bahnen für das Wohlbefinden und die Gesundheit wichtig sind. „Ein Grund dafür könnte sein, dass ältere Menschen hierdurch noch lange Zeit eigenständig etwas unternehmen, Bekannte besuchen oder auch selbst zum Arzt gehen können“, sagt Gert G. Wagner, Ko-Autor und Vorstandsmitglied des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Von Bedeutung ist zudem, wie man seine eigene Zukunft sieht. So können sich Menschen, die erwarten, dass sie noch viele Jahre offen für Neues sein werden, neue Informationen besser einprägen als Menschen ohne diese Erwartung. „Den positiven Zusammenhang zwischen den Erwartungen an seine eigene Zukunft und der Merkfähigkeit finden wir sehr spannend“, sagt Ulman Lindenberger, Direktor des Forschungsbereichs „Entwicklungspsychologie“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (MPIB) und Leiter des psychologischen Teils von BASE-II. Es seien verschiedene Ursachen für diesen Zusammenhang denkbar, denen man in Folgeuntersuchungen nachgehen werde…

Darüber hinaus bestätigen Genomdaten, dass Gesundheitsrisiken und Erkrankungen mit genetischen Unterschieden zusammenhängen. Beispiele sind eine verringerte Knochendichte sowie das mit dem Body-Mass-Index (BMI) erfasste Übergewicht. Beide Merkmale gefährden die Gesundheit im Alter; die geringe Knochendichte erhöht zum Beispiel das Risiko für Knochenbrüche. „Für Menschen mit entsprechender Veranlagung könnte dies bedeuten, noch frühzeitiger aktiv zu werden. Allerdings stehen unsere Erkenntnisse bei der Interpretation derartiger Genombefunde im Hinblick auf die Anwendung in der Krankheitsvorbeugung noch ganz am Anfang“, sagt Lars Bertram, Professor für Genomanalytik an der Universität zu Lübeck, der das molekulargenetische Teilprojekt von BASE-II leitet.

Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse der Studie, dass der Anstieg der Lebenserwartung mit einem Zugewinn an gesunden Jahren einhergeht. Ein Datenvergleich von BASE-II und der Vorgängerstudie BASE belegt: Die geistige Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden im Alter bleiben länger erhalten. Heutige 75-Jährige sind geistig fitter und glücklicher als 75-Jährige vor 20 Jahren. „Wir gehen davon aus, dass sich die Zeit, in der ältere Menschen von gesundheitlichen Einschränkungen oder geistigen Einbußen betroffen sind, durch die verlängerte Lebenserwartung nicht einfach in die Länge zieht, sondern sich zum Ende des Lebens hin verdichtet“, sagt Denis Gerstorf, Professor für Entwicklungspsychologie am Institut für Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin und Sprecher der BASE-II-Studie…

 

164-glasses-2@2xFachliteratur:

  • Düzel, S., Voelkle, M. C., Düzel, E., Gerstorf, D., Drewelies, J., Steinhagen-Thiessen, E., Demuth, I., & Lindenberger, U. (2016). The subjective health horizon questionnaire (SHH-Q): Assessing future time perspectives for facets of an active lifestyle. Gerontology62, 345–353. doi:10.1159/000441493, Link:  http://www.karger.com/Article/FullText/441493
  • Eckstein, N., Buchmann, N., Demuth, I., Steinhagen-Thiessen, E., Nikolov, J., Spira, D., Eckardt, R., & Norman, K. (2016). Association between metabolic syndrome and bone mineral density – Data from the Berlin Aging Study II (BASE-II). Gerontology62, 337–344. doi:10.1159/000434678, Link:  http://www.karger.com/Article/FullText/434678
  • Eibich, P., Krekel, C., Demuth, I., & Wagner, G. G. (2016). Associations between neighborhood characteristics, well-being and health vary over the life course. Gerontology62, 362–370. doi:10.1159/000438700, Link: http://www.karger.com/Article/FullText/438700
  • Gerstorf, D., Bertram, L., Lindenberger, U., Pawelec, G., Demuth, I., Steinhagen-Thiessen, E., & Wagner, G. G. (2016). Editorial. Gerontology62, 311–315. doi:10.1159/000441495. Link: http://www.karger.com/Article/Abstract/441495
  • Hülür, G., Drewelies, J., Eibich, P., Düzel, S., Demuth, I., Ghisletta, P., Steinhagen-Thiessen, E., Wagner, G. G., Lindenberger, U., & Gerstorf, D. (2016). Cohort differences in psychosocial function over 20 years: Current older adults feel less lonely and less dependent on external circumstances. Gerontology62, 354–361. doi:10.1159/000438991, Link: http://www.karger.com/Article/Abstract/438991
  • Lill, C. M., Liu, T., Norman, K., Meyer, A., Steinhagen-Thiessen, E., Demuth, I., & Bertram, L. (2016). Genetic burden analyses of phenotypes relevant to aging in the Berlin Aging Study II (BASE-II). Gerontology62, 316–322. doi:10.1159/000438900, Link: http://www.karger.com/Article/Abstract/438900

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